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„Man darf keine Zeit verlieren“

Als die Mieter:innen der Donaustraße 5 erfuhren, dass ihr Haus verkauft werden soll, vernetzten sie sich in Rekordzeit und riefen die Initiative „Donau 5 bleibt“ ins Leben. Ein Gespräch über Hilfen vom Bezirk, Frustration und Zukunftsängste. 

Foto: Katrin Friedmann

Wer wohnt bei euch in der Donaustraße 5? 

Donau 5: Unsere Hausgemeinschaft ist gut durchgemischt. Unser ältester Mitbewohner wurde hier geboren, es gibt ein paar Parteien, die seit den 80ern im Haus leben, und auch viele Zuzügler, die erst in den letzten 10 Jahren dazu gekommen sind. Insgesamt sind es 30 Wohneinheiten und 1 Gewerbe. 

Ihr habt am kurz vor Weihnachten, die Nachricht von eurer Vermieterin bekommen, dass euer Haus verkauft werden soll. Wie habt ihr reagiert? 

Donau5: Nach einer anfänglichen Schockstarre haben wir ziemlich schnell damit angefangen wöchentliche Zoom-Meetings zu veranstalten und uns dadurch erstmalig im großen Kontext kennengelernt. Selbst ein älterer Nachbar ohne Internetzugang konnte teilnehmen – er hat sich einfach per Telefon dazugeschaltet. Es war dann schnell klar, dass wir versuchen werden, die Möglichkeit des Vorkaufsrechts zu nutzen, da unser Haus im Milieuschutzgebiet liegt. 

Wie war dann euer weiteres Vorgehen? 

Wir haben Kontakt zum Bezirk gesucht und wurden vom Pressereferenten des Bezirksstadtrats über alle weiteren Schritte informiert und beraten. Wird ein Haus verkauft, das im Milieuschutzgebiet liegt, bleiben dem Bezirk ab dem Zeitpunkt des Kaufvertrags allerdings nur zwei Monate Zeit, um das Vorkaufsrecht anzuwenden. Für uns bedeutete das einen extremen Zeitdruck. Wir mussten ein Portfolio von unserem Haus und den ganzen Wohnungen erstellen und haben uns damit dann berlinweit bei 80 Wohnungsbaugenossenschaften „beworben“. Es gab zwar zwei/drei Interessierte, aber die sind dann leider aufgrund der Kombination aus hohem Kaufpreis und geringer Mieteinnahmen abgesprungen.

Hattet ihr einen Plan B?

Nach den ganzen Absagen haben wir geprüft, ob wir einen Kauf über das Mietshäusersyndikat und mit Hilfe einer Stiftung selbst stemmen könnten. Die Idee war, dass die Stiftung den Grund und Boden kauft und wir dann über den Erbpachtzins eine jährliche Pacht zahlen. Nach einer ersten Kalkulation war aber klar, dass wir das nicht gewuppt bekommen. 

Foto: Katrin Friedmann

Was wisst ihr über den neuen Eigentümer der Donaustraße 5? 

Es handelt sich um eine internationale GmbH & Co. KG. Wir rechnen auf lange Sicht mit Sanierungen und der Umwandlung in Eigentum. Vor letzterem schützt zwar der Milieuschutz, aber leider nur für 7 Jahre. Und Modernisierungen, wie Fahrstühle oder Balkone bis 4 qm wären mit Genehmigung des Bezirks auch vorher schon möglich.  

Ihr habt euer Ziel, die Donaustraße 5 in gemeinwohlorientierte Hände übergeben zu können, nicht erreicht. Was nehmt ihr aus den vergangenen Monaten mit?  

Man nimmt sehr viel Frust mit aus so einem Prozess und die Erkenntnis, dass sich dringend etwas ändern muss auf politischer Ebene. Es kann nicht sein, dass auf tagtäglicher Basis mit dem Zuhause von Menschen spekuliert wird. Positiv ist, dass unsere Hausgemeinschaft jetzt viel besser vernetzt ist. Darauf können wir auch zukünftig bauen.  

Was ratet ihr anderen Betroffenen? 

Man darf keine Zeit verlieren und sollte nicht erst aktiv werden, wenn der Verkauf schon durch ist. Wenn man Leute sieht, die das Haus fotografieren oder wenn Wohnungen neu vermessen werden sollen, müssen alle Alarmglocken schrillen. Tritt der Ernstfall ein, ist es wichtig die ganzen Daten über die Wohnungen und die Mieteinnahmen parat zu haben.

Dieser Beitrag ist zum ersten Mal in der Printausgabe der Donauwelle am 14. Juni 2021 erschienen. Die Kiezzeitschrift Donauwelle wurde im Rahmen des Projektes “Medienpädagogik im Donaukiez” erstellt. Gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin im Rahmen der Zukunftsinitiative Stadtteil, Teilprogramm Soziale Stadt. 

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