Donauwelle 8, Kiezredaktion der Donauwelle
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Mit der Straßenbahn zum Strandbad

Unser Kiezgedächtnis Hans Babkuhl erinnert sich an Straßenbahnlinien und Tiere auf der Sonnenallee und erzählt, wie es früher war, als Busfahrer zu arbeiten. 

Straßenbahn am Hermannplatz (1. Oktober 1966). Foto: Hans Schnoor @Museum Neukölln

Ich werde ja das Kiezgedächtnis genannt, weil ich in meinen 87 Lebensjahren doch so einiges erlebt habe. Die Sonnenallee hieß während der Nazizeit Braunauer Straße nach dem Geburtsort von Adolf Hitler. Ich kann mich noch schwach daran erinnern, dass im Frühling die ganze Straße mit Fahnen geschmückt war, wenn Hitler Geburtstag hatte. Manchmal war auch eine Militärparade dort, oder die Hitlerjugend musste aufmarschieren. In der Braunauer Straße fuhren die Straßenbahnlinien 95 und 41. Autos waren ja damals nicht so viele unterwegs. Es waren mehr Pferdewagen auf der Straße. In der Mitte war eine Promenade, auf der wir oft gelaufen sind, da meine Großeltern hinter dem S-Bahnhof einen Kleingarten hatten. Wenn man sich das vorstellt, dass hinter dem S-Bahnhof bis nach Baumschulenweg alles Kleingärten waren… Im Mai begann dann jedes Jahr der große Umzug, die Kleingärtner zogen auf die Laube. Da waren viele Handwagen mit Klamotten und was sonst gebraucht wurde, unterwegs.

Pferdeeisenbahn auf der Erkstraße am 1. April 1949 @Museum Neukölln

Nach dem Krieg bekam die Sonnenallee ihren Namen zurück. Jetzt waren wir in dem Alter, wo wir den Handwagen selber schieben konnten. Damals fuhr eine Straßenbahn bis zum Strandbad Rahnsdorf, und die Bahnen der Ost-BVG waren schlecht gewartet. Da qualmten sehr oft die Achsen. Die Westberliner BVG’er fuhren bis zur Baumschulenstraße, und von dort fuhren die Ost-BVG’er weiter. 

Später, als ich selbst als Schaffner die Linien bediente, erzählten mir die Kollegen, dass die Ost-BVG’er es so einrichteten, dass die letzten Züge immer im Westen blieben. So wurden sie über Nacht gut gewartet. Später standen an der Sektorengrenze immer eine Ölkanne und ein Schlosser bereit, der die heißen Achsen der Ostbahnen schmierte. Dann kam aber die Zeit, wo ein grenzüberschreitender Verkehr nicht mehr möglich war und die Linie 95 nur noch bis zur Sektorengrenze fuhr.” 

Sonnenallee, ehemalig Braunauer Straße, um 1939. @Museum Neukölln

In den 60er Jahren wurde in Westberlin der Straßenbahnverkehr eingestellt, und es fuhren nur noch Busse. In der Sonnenallee fuhr die Linie 95 und später auch die Linie 67. Zu meiner Zeit als Busfahrer war es anders als heute. Wir Fahrer waren Respektspersonen. Wenn wir die Fahrgäste höflich angesprochen haben, so bekamen wir auch eine höfliche Antwort. So ging es mir jedenfalls. Ich war immer bemüht, die Fahrgäste zufriedenzustellen.

Unser Kiezgedächtnis Reni und Hans Babkuhl beim Archivstöbern im Museum Neukölln. Wir bedanken uns herzlich beim Museum Neukölln für die tolle Zusammenarbeit.

Das Museum Neukölln steht auf dem Gutshof Britz und kann täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr besucht werden.


Dieser Beitrag ist in der 8. Ausgabe der Donauwelle am 14. Dezember 2023 erschienen. Die Donauwelle wurde im Rahmen des Projektes „Donaukiez macht Medien“ erstellt. Gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin im Rahmen der Zukunftsinitiative Stadtteil, Teilprogramm Sozialer Zusammenhalt. 

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