Donauwelle 11, Kiezredaktion der Donauwelle
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„Parole“ bieten im Donaukiez

1934 formierte sich rund um Hellmut Bock im Donaukiez eine sozialdemokratische Widerstandsgruppe. Mit ihrer Untergrundzeitung „Parole“ trotzte sie dem NS-Regime.

von Eric Friedewald

„Goebbelsschnauze“ vs. Parole-Widerstand: imaginiert und illustriert von Irit Mogilevsky

Sommer 1934. Die Nationalsozialisten sind seit über einem Jahr an der Macht. In einer Eckkneipe im Donaukiez entdeckst du auf der Toilette eine Zeitung – die “Parole”. Mit Neugier, aber auch Unbehagen blätterst du durch. Die Beiträge zeichnen ein ganz anderes Bild der politischen und gesellschaftlichen Lage, als du es an jeder Ecke von der NS-Propaganda hörst. Du willst sie weitergeben, doch wem kannst du trauen? Und was, wenn man dich erwischt?

Die Widerstandsgruppe “Parole” brachte zwischen April und September 1934 mehrere Ausgaben der gleichnamigen Untergrundschrift heraus. Dafür fanden sich rund 100 Sozialdemokrat*innen rund um den Buchdrucker Hellmut Bock zusammen. Der 27-Jährige wohnte in der Fuldastraße 55, dort, wo sich noch heute die Idealpassage befindet.

Geschrieben wurde die Zeitung in Zusammenarbeit mit den Kommunist*innen der KPD. Gedruckt wurde in der jetzigen Sonnenallee 122 und 34. Dort ist heute die Konditorei Damaskus, die in den letzten Jahren wiederholt zum Ziel rechtsextremer Angriffe wurde. 

Stolperstein für Hellmut Bock in der Fuldastr. 55

Die Zeitung muss in Neukölln sehr bekannt gewesen sein: Die Exemplare wurden von Person zu Person weitergegeben und auch an öffentlichen Orten ausgelegt. Leider flog die Gruppe schon nach einem halben Jahr im September 1934 auf. Trotz Folter und Misshandlung gelang es der Gestapo jedoch nur, etwa ein Viertel der Gruppe zu verhaften.

Die Hauptangeklagten wurden zu drei bis fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Hellmut Bock wurde nach seiner Haft von der Gestapo ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Selbst hier setzte er den Widerstand bis zur Befreiung 1945 fort. Nach dem Krieg siedelte er von Neukölln in die Sowjetische Besatzungszone über.

Hellmut Bock

„Einheitsfront“ über Parteigrenzen hinweg

Hellmut Bock und seine Mitstreiter gründeten ihre Gruppe kurz nach dem Verbot der SPD im Juni 1933. Ihr Ziel: Sozialdemokrat*innen und Kommunist*innen sollten trotz politischer Unterschiede zusammenarbeiten – als sogenannte „Einheitsfront“. Sie glaubten, dass nur ein gemeinsamer Widerstand der Arbeiterparteien den Nationalsozialismus stoppen könne. Doch nicht alle in der SPD waren davon überzeugt: Viele lehnten sowohl die Zusammenarbeit mit der KPD als auch den illegalen Widerstand ab.

Quellenangabe: Informationen und das Porträtfoto von Hellmut Bock stammen aus „Widerstand in Neukölln“ von Hans-Rainer Sandvoß, Berlin 2019, 2. Auflage, Publikation der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.


Die Produktion der Ausgabe Donauwelle 11/2025 wurde durch die Publix gGmbh gefördert. 

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